Besseres

Wir dürfen zurück in unseren Alltag. Schrittweise. Lange haben wir darauf gewartet. Häusliche Quarantäne und Kontaktverbote hielten uns gefangen.

Bange starrten wir auf Tabellen mit Infektions- Todes- und Überlebensraten. Keine Zahl war richtig, kaum eine wirklich falsch, ihre Bedeutung selten klar und das politische Maßnahmenpaket voller Risiken.

Die Schulen waren verwaist, Ladentüren verschlossen. Kulturhäuser blieben unbespielt und die Gasthäuser leer. Gespenstisch still war es auf den Straßen. Die Kraftstoffpreise sanken auf ein Vieljahres-Tief. Draußen erwachte der Frühling ohne uns. Der Himmel atmete auf.

Wir haben das alles erlebt. Und wir haben mitgemacht. Geduldig. Aus Einsicht. Wir wollten das Schlimmste verhüten: Dass ein Virus unser und das Leben anderer zerstörte. Ein Virus, gegen das es kein Mittel und keine Therapie gab, der man sich hätte bedenkenlos anvertrauen dürfen. Ein Virus, das den Forschern tagtäglich neue Überraschungen bereitete und sich zu allem Überfluss dort besonders fruchtbar vermehrte, wo Menschen sich näher kamen.

Wir selbst hatten den unbequemen Gast aus der Ferne mitgebracht und mit Flugzeugen in Windeseile über den Globus verteilt. Das Virus bediente sich unserer modernen Technik zur Überwindung langer Strecken. Und es bediente sich unserer Hotspots menschlicher Nähe, um allerorten aufzublühen.

Wir dürfen nun zurück in unseren Alltag. Wenn uns nichts Besseres einfällt.

Im Mai 2020

Dieser Eintrag wurde in Prosa veröffentlicht.