Ein standfester Tisch braucht drei Beine. Bei einem vierbeinigen ist Ärger zu erwarten. Und Unfrieden. Er hat einfach ein Bein zuviel. Denn nie sind alle Tischbeine gleich lang. Nie ist der Boden darunter völlig eben. Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass alle vierbeinigen Frühstückstische wackeln. Trotzdem bleibt dies zu lange unbemerkt. Die Erkenntnis kommt erst später. Wenn ich einen Raum betrete, ist von wackelnden oder kippelnden Möbelstücken zunächst nichts zu spüren. Die Tische lassen sich widerstandslos in Augenschein nehmen, präsentieren sich in herrschaftlicher Ruhe und sind womöglich noch einladend gedeckt. Doch die Ruhe trügt. Das Getisch ist nämlich unberechenbar. Ihm fehlt das innere Gleichgewicht. Schon kleinste Bewegungen lassen es schwanken. Von der einen zur anderen Seite und vielleicht auch wieder zurück. Launisch ist es, haltlos und tückisch zugleich.
Vierbeinige Tische offenbaren ihren wackeligen Kern erst dann, wenn es zu spät ist. Dann, wenn eine Kanne heißen Kaffees oder Tees und allerlei sonstige Köstlichkeiten darauf versammelt sind. Wenn eine Vase bis zum Rand gefüllt mit Wasser auf ihnen steht. Wenn verführerische Früchte erprobter Gar- und Kochzeiten und zauberhafte Arrangements ihre Seele entfalten wollen. Sie zeigen ihre frevelhafte Tücke gerade dann, wenn ich Platz genommen habe, wenn ich in stillem Frieden genießen will. Dann stiften sie Unfrieden. Und wackeln. Sie haben einfach ein Bein zuviel.
Im Januar 2017